„Todesmarsch von Bataan“: Wer stehenblieb, wurde erschossen oder geköpft - WELT (2024)

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Noch immer gehört der japanische Überfall auf die US-Pazifikflotte am 7. Dezember 1941 zu den Lieblingsthemen von Verschwörungstheoretikern. Für sie hat US-Präsident Franklin D. Roosevelt im Wissen um die Angriffspläne die Schiffe geopfert, um Amerikas Öffentlichkeit für den Kriegseintritt zu gewinnen.

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Ein gewichtiges Gegenargument liefert das Geschehen, das sich am 8. Dezember auf den damals von den USA abhängigen Philippinen abspielte. Obwohl die Nachricht vom Luftangriff auf Pearl Harbor in Manila eingegangen war, wurde der Zeitunterschied nicht genutzt, um die 90 Jagdflugzeuge und 35 Bomber der Garnison in Sicherheit zu bringen. Sie wurden bei Tagesanbruch von der kaiserlichen Luftwaffe weitgehend zerstört. Hätte Washington beizeiten die japanischen Pläne gekannt, hätte das US-Oberkommando auf den Philippinen gewiss zielführendere Befehle erhalten.

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Stattdessen wurde General Douglas MacArthur völlig unvorbereitet mit der japanischen Invasion konfrontiert. Zwar hatte er am ersten Tag des Krieges bereits das Gros seiner Luftwaffe, darunter moderne strategische Bomber vom Typ B-17, verloren. Aber mit 130.000 Soldaten war die Armee der Philippinen immer noch eine beachtliche Militärmacht.

Aber nur auf dem Papier. Die meisten Soldaten waren schlecht ausgebildete Reservisten, von denen es viele vorzogen, zu ihren Familien zurückzukehren. Nur 31.000 Mann amerikanischer und philippinischer Truppen schienen dem kampferfahrenen Gegner gewachsen zu sein. Umso erstaunlicher ist es, dass diese erst am 6. Mai 1942 die Waffen streckten.

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MacArthur hatte bis dahin eine glänzende Karriere durchlaufen, die ihn 1930 bis 1935 auf den Posten des Generalstabschefs der USA geführt hatte. Er erkannte schnell, dass die ersten japanischen Landungen auf der Hauptinsel Luzon nur dem Zweck dienten, seine Kräfte zu zersplittern. Erst am 22. Dezember folgte der Großangriff der japanischen 14. Armee 200 Kilometer nördlich von Manila.

Die zahlenmäßig überlegenen Japaner überzeugten MacArthur schnell davon, dass die Hauptstadt kaum zu halten sein würde und der Ersatzplan „Orange“ den einzigen Ausweg bot. Das bedeutete, dass sich seine Truppen auf die Halbinsel Bataan auf der westlichen Seite der Bucht von Manila zurückzogen. Er selbst schlug sein Hauptquartier in „The Rock“ auf der Insel Corregidor auf, die die USA nach ihrem Sieg über die Spanier 1898 befestigt hatten und so die Einfahrt in die Bucht kontrollierten.

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Vor dem Krieg waren die US-Strategen davon ausgegangen, dass sich die Armee auf den Philippinen nur so lange halten sollte, bis sie von der Pazifikflotte entsetzt werden würde. Die aber hatten die Japaner in Pearl Harbor ausgeschaltet. Da ihm auch Flugzeuge und Panzer fehlten, sah sich MacArthur mit seinen Männern auf einem Flecken Dschungel zusammengezwängt, in dem es keine ausreichenden Vorräte an Lebensmitteln und Material gab.

Gegen Malaria, Ruhr und Denguefieber fehlten Medikamente. Obwohl Klima und Natur täglich Opfer forderten, versteifte sich der amerikanische Widerstand so sehr, dass der japanische General Homma Masaharu Mitte Februar 1942 seine Truppen stoppte und ihnen eine Ruhepause gewährte. Am 11. März erhielt MacArthur von Präsident Roosevelt den ultimativen Befehl, die Philippinen zu verlassen. Mit seiner Familie und engsten Mitarbeitern bestieg der General eine Schnellbootflottille und gelangte mit viel Glück nach Australien. Sein trotziges „Ich werde zurückkehren“ wurde zum Slogan für die folgenden zweieinhalb Jahre.

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Anfang April gingen die reorganisierten und verstärkten Japaner auf Bataan erneut in die Offensive. Nach wenigen Tagen durchbrachen sie die amerikanischen Linien. Während General Edward King jr. am 9. April kapitulieren musste, hielt die Garnison auf „The Rock“ unter Jonathan Wainwright weiter aus. Die Verteidigung, die ohne die Möglichkeit eines Entsatzangriffs im Grunde sinnlos geworden war, wuchs sich zu einem Heldenmythos aus, der vor allem die amerikanische Öffentlichkeit beeindruckte.

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Die Soldaten auf Corregidor überstanden 53 Luftangriffe. Als aber die Wasservorräte zur Neige gingen und japanische Truppen zur Landung ansetzten, zog Wainwright am 6. Mai die Konsequenzen und ergab sich. 13.000 Mann, die meisten verwundet, gingen in Gefangenschaft.

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Was die Gefangenen erlebten, hat den amerikanischen Blick auf den Pazifikkrieg maßgeblich beeinflusst. Vor allem der „Todesmarsch von Bataan“ sorgte für Verbitterung. Die Japaner waren erstaunt, dass mit King 76.000 Mann in Gefangenschaft gingen. Die kaiserlichen Offiziere waren von einer wesentlich kleineren Zahl ausgegangen, denn nach den Regeln ihres Kriegerethos galten Soldaten, die sich ergaben, als ehrlos und verdienten keinen Respekt. Entsprechend selbstmörderisch gingen viele Soldaten des Tenno während des Pazifikkrieges zugrunde.

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Also wurden die ausgezehrten Gefangenen von Bataan, von denen Tausende krank waren, zu einem Marsch über 100 Kilometer zu der Eisenbahnstation San Fernando getrieben. „Geschlagen und jeglicher Habe beraubt, von Durst und fortgesetztem Hunger gequält, mit Bajonettstichen vorwärtsgetrieben, wurden die Gefangenen bewusst brutal behandelt, um Rache zu nehmen und sie zu demütigen“, schreibt der britische Historiker Antony Beevor. Wer stehen- oder liegenblieb, wurde erschossen, erstochen oder geköpft.

Etwa 16.000 Gefangene starben auf dem Marsch und kurz danach. 400 philippinische Offiziere und Unteroffiziere wurden mit Schwertern abgeschlachtet. Gleichwohl bewiesen die Filipinos eine erstaunliche Loyalität. Anders als auf den Inseln des niederländischen Indonesien entwickelte sich auf den Philippinen eine starke Guerillabewegung, die bis zur Rückkehr der Amerikaner (unter der Führung MacArthurs) im Oktober 1944 die Japaner in Atem hielt.

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Dieser Artikel wurde erstmals im Mai 2020 veröffentlicht.

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